Seit dem 27. Januar 2011 stellt Clint Eastwoods „Hereafter – Das Leben danach“ in den deutschen Kinos die Frage nach dem Jenseits. Eastwood

Clint Eastwood Foto von Martin Kraft
CC BY-SA 2.0
thematisiert Nahtoderfahrung und Kontakt mit Verstorbenen. Schafft der Film damit tatsächlich „die glaubhafte Möglichkeit einer Jenseitigkeit“, wie Spiegel-online behauptet? Ist er deshalb gelungen, „weil er der Welt etwas gibt, was sie dringend braucht: Hoffnung“, wie Video-Rezensent Franc Tausch wertet?
Ich habe mir den Film angeschaut und konnte mir ein eigenes Urteil bilden. Angefangen von den beeindruckenden Tsunami-Szenen bis zur Glaubwürdigkeit der Figuren war der Film für mich ein gelungenes Kinoerlebnis – auch wenn echte Cineasten (ich zähle nicht dazu) andere Eastwood-Filme favorisieren mögen. Es bleibt aber noch die Frage nach der Glaubwürdigkeit des Jenseits-Themas.
Man sollte die Erwartungen an einen Film nicht überfrachten. Dass er der Welt Hoffnung gibt, dürfte eine leichte Übertreibung sein. Wer Jenseitshoffnung auf Spiritismus statt auf Spiritualität setzt, hat schon im Ansatz verloren. Aber da ist ja noch ein Phänomen: die Nahtoderfahrung. Dieser Erzählstrang interessierte mich besonders, weil mich eine eindrückliche Tagung zur Nahtoderfahrung vor ein paar Monaten für dieses Thema sensibilisiert hat. Im Film diagnostiziert eine Schweizer Expertin für Nahtoderfahrung: „Ich glaube, Sie haben den Tod erlebt“ (die Stelle ist auch im Trailer wiedergegeben). Damit aber tappt sie in die Transzendenzfalle. Denn auch die intensivste Nahtoderfahrung bleibt eine Diesseitserfahrung, darin waren sich Nahtoderfahrene und Experten unserer Tagung gleichermaßen einig. Hans Küng meinte einmal prosaisch: „Sterbeerlebnisse beweisen für ein mögliches Leben nach dem Tod nichts“. Als „glaubhafte Möglichkeit einer Jenseitigkeit“ taugt der Film also nicht.
Allerdings anerkennt auch Küng die tiefgehenden anthropologischen Einsichten, die Nahtoderfahrungen vermitteln können. Hier hätte der Film mehr daraus machen können, denn er beschreibt phänomenologisch völlig zutreffend, wie nachhaltig Nahtoderfahrungen das Leben der Betroffenen verändern. Damit sind diese Erfahrungen kein Beweis für ein Jenseits, wohl aber – dies hat bei unserer Tagung Godehard Brüntrup plausibel beschrieben – eine echte mystische Erfahrung – nicht mehr, aber auch nicht weniger!
Heinz-Hermann Peitz
Hereafter – Deutscher Trailer
Kritik von Franc Tausch
Der Film in der Presse
2011/01/25: Filmstart „Hereafter“ – Frankfurter Rundschau online
Michael Kohler fragt, wie Eastwood und der Autor Morgan dazu kommen, einen Film über das Jenseits zu drehen. Die Antwort ist einfach und verblüffend zugleich: Sie wollten „atheistische Geschichte über das Jenseits“ erzählen. Das erklärt dann auch die Beobachtung des Rezensenten Kümmel, dass der Gastgeber der Jenseitsparty fehlt. Interessant auch, dass am Ende des Films nicht jenseitiger, sondern irdischer Trost gespendet wird. Dem Autor wirft der Rezensent vor, er habe „die Entzauberung der Nahtoderfahrung durch die moderne Hirnforschung ignoriert“. Dass die Hirnforschung das Faszinosum der Nahtoderfahrung wegerklärt hat oder dies je können wird, darf mit guten Gründen bezweifelt werden. hhp
2011/01/24: Nach dem Tod ist vor dem Leben: Clint Eastwood-Film „Hereafter“ – Pro – Christliches Medienmagazin
Mehrfach weist das christliche Medienmagazin auf die Leistung des Films „Hereafter – Das Leben danach“ hin, interessante Fragen aufzuwerfen und die auch im Film angedeutete „Verschwörung des Schweigens“ aufzubrechen. Der Rezensent kann aber nicht umhin vorwegzunehmen: „Es ist kein besonders theologischer Film“. Dem ist sicher zuzustimmen. Kritisiert wird dann aber auch, die Darstellung von Nahtoderfahrung entspräche nicht den gängigen Darstellungen. Das allerdings habe ich anders in Erinnerung: Ich fand die Beschreibung durchaus zutreffend, vor allem die tiefgreifende und nachhaltige Wirkung auf Betroffene – hier auf die zweite Hauptperson Lelay – wurde gut zum Ausdruck gebracht. hhp
2011/01/28: Film „Hereafter“: Wo ist der Gastgeber? Zeit online
Peter Kümmel spöttelt genüßlich über Eastwoods „Hereafter“. Die Beweise des Films für ein Jenseits haben ihn jedenfalls offensichtlich nicht überzeugt. Außerdem ist Kümmel bei der Jenseitsparty aufgefallen: „Kein Gastgeber lässt sich blicken“. Stimmt, hätte ich fast gar nicht bemerkt. hhp
2011/01/28: Clint Eastwoods „Hereafter“: Leben und sterben lassen -SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Kultur
In nettem Kontrast zur Filmbesprechung der Stuttgarter Zeitung (s.u.) lobt Andreas Borcholte Eastwoods „Hereafter“ als meisterhaftes Alterswerk. Zu Recht stellt er als eine Botschaft des Films die Warnung heraus, dass sich der Mensch allzu sehr geborgen fühlt, wo doch das Unberechenbare immer zuschlagen kann – im Film der Tsunami, der Unfalltod des Jungen etc. Dass der Film darüber hinaus aber „die glaubhafte Möglichkeit einer Jenseitigkeit“ schafft, ist mehr als übertrieben. Da halte ich es eher mit der Kritik der Stuttgarter Zeitung. hhp
2011/01/26: Hereafter – Das Leben danach: Botschaften aus dem Jenseits – Stuttgarter Zeitung online
Eine herrlich bissige Besprechung des Eastwood-Films „Hereafter – Das Leben danach“. Dem Versuch des Films, vom Leben nach dem Tod zu überzeugen, kann der Rezensent Thomas Klingenmaier wenig abgewinnen, da „der Blick in den Nebel als Klarsicht gepriesen wird“. Ganz zu schweigen von der „Ehrenrettung des Spiritismus“, die auch mich am meisten befremdet hat. Den Optimismus, einen Blick ins Jenseits werfen zu können, wird man wohl tatsächlich als „arge Naivität“ bezeichnen können; ebenso wie Eastwoods Vorstellung von jenseitigen Eingriffen in den Lauf der Welt. Aber: Ein Film ist keine theologische Abhandlung über Eschatologie. hhp
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