
Ernst von Glasersfeld gilt als Mitbegründer des Radikalen Konstruktivismus
Christian Michelides, CC BY-SA 2.0
Zusammenfassung
“Konstruktivismus” kommt von “Konstruktion” und ist somit eine prinzipiell technische Kategorie, bei der das Gemachte, nicht das Gefundene im Vordergrund steht. Der Gegenpart zum Konstruktivismus ist der Platonismus. Der Platoniker behauptet, daß wir die wissenschaftlichen Wahrheiten vorfinden, der Konstruktivist, dass wir sie erfinden. Zwischen beiden Positionen scheint eine vollständige Disjunktion zu bestehen: entweder die Welt ist an sich strukturiert und die wahre Erkenntnis ein Abbild dieser vorgängigen Strukturiertheit der Welt oder das Wissen geht darin auf, nützlich zu sein für uns, Messdaten zu ordnen, den Bau technischer Geräte zu ermöglichen, unseren prekären Stand in der Natur zu sichern usw. In diesem Fall ist die wissenschaftliche Wahrheit im selben Sinne Konstrukt wie die technischen Geräte, die wir herstellen. Ihre Übereinstimmung mit dem Gegenstand ist ihrerseits gegenstandslos.
Konstruktivisten haben sich im Sinn dieser ausschließlichen Alternative geäußert. Sie gaben sehr starke Gründe an, die für die Vermitteltheit unseres Erkennens im Sinn einer “Konstruktion” sprachen. Damit glaubten sie, dass jede Wahrheitstheorie erledigt sei, die von einem Korrespondenzverhältnis zwischen Erkenntnis und Gegenstand ausgeht.
Da wir keinen neutralen Standpunkt haben, von dem wir unsere wissenschaftlichen Modelle mit der Realität selbst vergleichen können und weil der Konstruktivismus einen guten Teil Wahrheit enthält, können wir nur bescheiden sein und die Rede von einer “endgültigen Theorie” oder von der “Weltformel” ersatzlos streichen.
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