Darwin und Freud, so sagt man, fügten dem Menschen jeweils auf ihre Weise zwei tiefe Kränkungen zu: Darwin stellte den Menschen in eine Abstammungslinie mit den Tieren und Freud zeigte, daß das denkende Ich nicht Herr im eigenen Hause ist, sondern von dunklen Trieben regiert wird. Beide Forscher richteten ihr Hauptaugenmerk auf das, was gemeinhin die ‚niedere Natur’ des Menschen genannt wird. Diese Blickrichtung macht es der Biologie wie der Psychoanalyse schwer, sich mit den Kräften des Menschen zu beschäftigen, die nicht der mitleidslosen Durchsetzung der eigenen Interessen entspringen. Es entsteht der merkwürdige Eindruck, daß der Mensch fast vollständig durch die Macht unbewußter Triebe gesteuert wird und die Entdeckung der Verwandtschaft von Mensch und Tier etwas fundamental Neues ist. Doch noch im 18.Jahrhundert vertrug sich die Ansicht, daß ‚des Menschen ältere Brüder die Tiere sind’, wie Herder sagt, mit der Betonung genuin menschlicher Fähigkeiten. Auf diese Weise wird das Motiv der ‚Kette der Lebewesen’, das zu den ältesten und berühmtesten der abendländischen Philosophie gehört, zum Spiegel der heutigen Diskussion.


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