„Was mich fasziniert und bewegt, ist der relativ schmale Korridor …, durch welchen der Pfad … bis zum heutigen Kosmos führt. … Und hier und nicht durch Eingriffe in den Verlauf der biologischen Evolution, … wäre Raum für einen Brückenschlag zwischen Theologie und Naturwissenschaft.“ (Peter Schuster)
Vortrag von Peter Schuster auf der Tagung (siehe Tagung im Gesamtüberblick)
Schöpfung und Evolution – ‚Aktuelles Fenster‘ zu einer Tagung mit Papst Benedikt XVI.
26.06.2007, Stuttgart-Hohenheim
Evolution und Design – Gedanken zur spontanen Bildung biologischer Strukturen
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Peter Schuster eröffnet die Tagung mit einer Bestandsaufnahme der Evolutionstheorie. Dass Evolution stattgefunden hat, weiß Schuster plausibel zu belegen. Das überzeugendste Argument für Evolution liegt in der Tatsache, dass der Stammbaum, der sich aus der Morphologie der Lebewesen rekonstruieren lässt, mit dem Stammbaum übereinstimmt, der sich molekulargenetisch – also völlig unabhängig vom morphologischen Stammbaum – rekonstruieren lässt. Nur hartgesottene Gegner werden das ‚Dass‘ der Evolution bezweifeln. Aber wie steht es mit den Mechanismen der Evolution? Ist die Entwicklung hin zu immer komplexeren Lebewesen auf natürlichem Wege erklärbar (Selbstorganisation)? Schuster trat dem grundlegenden Argument entgegen, Komplexität könne nicht aus Einfachem entstehen, indem er auf so genannte zelluläre Automaten hinwies. Bei diesen entstehen aus einfachen Anfangsbedingungen komplexe, dynamische Muster, die sogar „zweckorientiertes Verhalten vortäuschen können“.
Jeder Schlag ein Treffer
Die evolutionäre Landschaft liegt bildlich gesprochen zwischen einem ebenen Golfplatz, auf dem ungezielte Schläge (sprich: Mutationen) nie das Loch erreichen werden, und einem Trichter, bei dem jeder Schlag ins Ziel führt. Auf diese Weise bringt die Selektion eine Richtung in den zufälligen Mutationsprozess. Um philosophischen Begehrlichkeiten vorzubeugen, ist darauf hinzuweisen, dass in der Perspektive des Neodarwinismus diese Zielgerichtetheit nicht als Triebkraft, sondern lediglich als Ergebnis des Evolutionsvorganges verstanden wird (Teleonomie statt Teleologie).
Bei der Beschreibung der Evolutionsmechanismen spielt in kontroversen Diskussionen immer wieder eine Rolle, dass in der Evolution große Schritte und Stufen zu höheren Komplexitätsebenen lokalisierbar sind. Stufen stehen allerdings nicht für kausale Diskontinuität, so als bräuchte man hier eine zusätzliche, externe Erklärung. Die zur Erklärung der Stufen benötigten Zusatzmechanismen gehören sämtlich dem Gegenstandsbereich der Naturwissenschaft an. Es ist dies zum Beispiel die Kooperation früherer Konkurrenten, die sich auf höherer Ebene zu einer organisierten Einheit zusammenschließen, die dann wieder den darwinschen Mechanismen ausgesetzt ist.
Schmaler Korridor – viele Nadelöhre
In den Schlussbemerkungen macht Schuster unmissverständlich klar, dass die Evolution als ein Prozess beschrieben werden kann, „der nach den Naturgesetzen abläuft und der keiner Intervention von außen bedarf“. Nicht die Suche nach möglichen Interventionen von außen sollte – Schuster zufolge – den Brückenschlag zur Theologie bilden, sondern vielmehr der Gesamtverlauf der Evolution, die es auf faszinierende Weise geschafft hat, durch viele Nadelöhre den „schmalen Korridor“ vom Urknall zum Menschen zu durchschreiten.

V.l.n.r.: Robert Spaemann, Wolfgang Beinert, Heinz-Hermann Peitz, Ulrich Lüke, Dirk Evers, Peter Schuster
Foto: Frank Eppler
Kann der Philosoph Robert Spaemann, der sich seit Jahrzehnten mit dem Erklärungsanspruch der Evolutionstheorie auseinandergesetzt hat, den Brückenschlag des Biologen Schuster annehmen?
Hauptvorträge der Tagung
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Fotos: Frank Eppler
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