Klar, dass mich der Film „The Tree of Life“ neugierig gemacht hat – geht es doch um die ganz großen Fragen des Menschen: Haben universeller Makrokosmos und familiärer Mikrokosmos einen letzten Sinn? Zählt der Lebensbaum Darwins oder der Lebensbaum der Religionen? Der Film zeigt die Ambivalenz des Daseins: Schönheit und Leid – Im Großen wie im Kleinen. Immer wieder fragt der Film ähnlich wie Wolfgang Borchert über das Leid: „Wo warst Du?“. Er stellt sich also im Kern der Theodizeefrage, dem „Fels des Atheismus“ (Georg Büchner). Und: Er gibt Antworten. Überzeugende?
Zugegeben: Mich hat der Film eher enttäuscht als überzeugt. Dass man auch gegenteiliger Meinung sein kann, zeigt die Verleihung der Goldenen Palme und die wertschätzende Besprechung von Michael Schramm, der „Malicks Opus unbedingt sehenswert“ findet. Er schließt: „Am Ende illustriert der Film eine Diagnose, die der Philosoph Alfred North Whitehead unserer Zeit schon vor Jahrzehnten ausgestellt hat: ‚Die moderne Welt hat Gott verloren und sucht ihn.'“
Zur Filmbesprechung von Michael Schramm
Filmkritik von Franc Tausch
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Pressestimmen
2011/08/01: Kino mit Anspruch: The Tree of Life – acht9
Der Artikel feiert The Tree of Life als „ganz großes Kino“ – natürlich nur für den, der das Anspruchsvolle liebt. Herausgestellt wird, dass der Film tiefe Fragen nach Gott und der Welt stellt; er halte sich aber mit Antworten zurück, „weicht im richtigen Moment aus, lässt alles offen“. Dagegen betonen andere Rezensenten, dass Malick am Ende des Films die gelobte Zurückhaltung aufgibt, doch eine Antwort gibt und gerade damit „grandios scheitert“ (Michael Schramm). hhp
2011/06/29: The Tree of Life von Terrence Malick: Eine Welt der Verwirrung – World Socialist Web Site
David Walsh fragt, ob The Tree of Life ein „erhellendes Licht auf Leben und Welt wirft“. Walsh verneint diese Frage, weil die vom Film suggerierte enge Verbindung von Naturprozessen und menschlich-sozialen Prozessen (wie in der Soziobiologie) den Blick auf das für Walsh Eigentliche verstelle: die historisch-sozialen Gesetze, speziell die Beziehung zu Klasse und Produktion. Hier wird die marxistische Herkunft des Autors deutlich, der den Film als statisch, mythisch, somit ideologisch kritisiert und die marxistische „Wahrheit über die Realität“ vermisst. Lesenswert, auch wenn man die Perspektive des Autors nicht teit. hhp
2011/06/21: ?The Tree of Life? – Die Theodizee nach Terrence Malick – Cicero
Für Constantin Magnis stellt sich der Film The Tree of Life der „vielleicht schwierigsten Frage der Christenheit“, nämlich der Frage nach dem Leid angesichts eines gütigen Gottes. Er versuche, Schönheit und Grauen der Natur zusammen zu bringen, und auch die Familiengeschichte „in den geheimnisvollsten aller Kontexte, in das Gesamtwerk eines Schöpfergottes“ einzuordnen. Der Film sei eigentlich Gebet und christliche Verkündigung, und enttäuschend sei, dass sich das deutsche Feuilleton darüber nicht empöre. hhp
2011/06/17: Terrence Malick: Heideggers einsamer Cowboy – Cicero
2011/06/16: Schöpfung nach Terrence Malick in „The Tree of Life“ Kino – Hannoversche Allgemeine
Nach Stefan Stosch thematisiert der Film die notwendige Entscheidung des Menschen zwischen Natur und Gnade. Das darwinistische Prinzip der Natur verkörpere der strenge Vater, die Gnade werde durch die Mutter vertreten, und im Sohn Jack träfen sich Stammes- und Individualgeschichte, um noch einmal die Verbindung von Kosmos und Menschenschicksal als Sinnfrage zu thematisieren. hhp
2011/06/15 Video-Filmkritik: „The Tree of Life“ Requiem für einen verlorenen Sohn – Video-Filmkritiken – Feuilleton – FAZ.NET
Für Verena Lueken ist der Film „Tree of Life“ Trauerarbeit. Die Trauer um den verlorenen Sohn umfasse dabei auch die Evolution des Kosmos, der gegenüber der existenziellen Familientragödie gleichgültig bleibe. Für Lueken ist die Botschaft: „Es gibt keinen Sinn“. hhp
2011/05/25: Schweigt Gott, oder hören wir ihn einfach nicht? – Tagesanzeiger
Der mit der Goldenen Palme ausgezeichnete Film „The Tree of Life“ wird als Versuch vorgestellt, mit filmischen Mitteln die Existenz Gottes zu beweisen. Verwoben wird das wunderbare, aber auch erschreckende der kosmischen Evolution mit dem realistischen Drama des menschlichen Lebens. Die Frage, warum Gott die Übel zulasse, hinterlässt eine „religiöse Unsicherheit“ die der Rezensent als „das Beste an diesem religiösen Film“ wertet. Der Regisseur halte diese „Angst, vielleicht ohne Gott sein zu müssen“ aber nicht aus, sondern fliehe in eine kitschige Glaubenssicherheit. hhp
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