
Eugenie C. Scott „There is no necessary conflict between science and religion“.
Foto von Carrie Ellen Sager, Wikimedia Commons, CC-BY-SA-2.5
Eugenie C. Scott, Direktorin des National Center for Science Education (NCSE) und prominente Kritikerin von Kreationismus und Intelligent Design, hat am 1. September den Richard Dawkins Award erhalten. Verliehen wird der Preis von der Atheist Alliance International (AAI), die damit für gewöhnlich die erfolgreichste atheistische Lobbyarbeit des jeweiligen Jahres honoriert. Genie Scott nun erhielt den diesjährigen Preis wegen ihres „unermüdlichen Einsatzes für die naturwissenschaftliche Bildung“. Dieser Einsatz und die unnachgiebige Opposition gegen den Kreationismus verbinden Eugenie Scott und den Namensgeber des Preises. Aus ähnlichen Gründen erhielt Scott bereits 2009 als erste den Stephen Jay Gould Preis, der an Personen vergeben wird, welche die Evolutionstheorie und ihre Bedeutung für Biologie, Bildung und Alltag nachhaltig in die Öffentlichkeit hinein vermitteln. Damals wie heute kann man Eugenie Scott nur allerhöchste Anerkennung und Glückwünsche aussprechen!
Dass die atheistische Allianz mit dem Richard Dawkins Award Eugenie Scott allerdings nicht vollständig vereinnahmen kann, muss selbst Richard Dawkins in seiner Laudatio einräumen: „Eugenie Scott gehört zu meinen allerliebsten Bekannten, auch wenn wir unsere zivilisierten Meinungsverschiedenheiten haben“. Diese beziehen sich nicht auf innerwissenschaftliche Kontroversen, wie zwischen Dawkins und Stephen Jay Gould bezüglich der Mechanismen der Evolution. Scott nimmt diese Kontroverse humorvoll in ihrer Dankesrede auf: „Ich besitze nun Auszeichnungen sowohl im Namen von Stephen Jay Gould als auch von Richard Dawkins, und das zeigt, dass ich mit jedermann auskomme“.
Der Kern der „zivilisierten Meinungsverschiedenheiten“ ist vielmehr die unterschiedliche Stellung zur Religion. Dawkins kennzeichnet den Dissens wie folgt: „Sie ist der Religion gegenüber nachgiebig. … Sie respektiert Religion in einer Weise, in der ich es nicht tue.“ Es ist genau diese Respektlosigkeit, die das Markenzeichen des neuen Atheismus ausmacht. Dieser verurteilt in den Worten Gary Wolfs, der die Bezeichnung ‚Neue Atheisten‘ geprägt hat, „nicht einfach den Glauben an Gott, sondern den Respekt vor dem Glauben an Gott“ (wired 14.11, 2006). Beruhigend, in dieser Hinsicht Genie Scott nicht auf der Seite der neuen Atheisten zu wissen! Aber lassen wir Dawkins etwas ausführlicher zu Wort kommen:
„Sie ist der Religion gegenüber nachgiebig. Sie selbst ist selbstverständlich nicht religiös. Sie ist zu intelligent und kenntnisreich, um religiös zu sein. Aber sie respektiert Religion in einer Weise, in der ich es nicht tue.“
Dass intelligente Leute selbstverständlich (!) nicht religiös sind, musste einfach noch einmal gesagt werden. Dawkins kann die Polemik nicht lassen und nutzt dazu jede Gelegenheit; man wird dem Dawkins-Rezensenten Randy Olson Recht geben müssen, wenn er Dawkins ein antireligiöses Tourette-Syndrom attestiert.
Immerhin, Dawkins benennt die Unterschiede zwischen seiner und Scotts Stellung zur Religion ausdrücklich. Dadurch wirkt er nicht so unglaubwürdig und inkonsistent wie ein Mitarbeiter des Discovery Institutes, David Klinghoffer, es unter dem Titel „Has Dawkins Changed His View on the Darwin Lobby?“ (s. u. in der Presseschau) darstellt. Aber auch ohne Hinweise und Quellen der Dawkins-Gegner liegt offen zutage, wie distanziert Dawkins vor einigen Jahren die jetzige Preisträgerin beurteilt hat. In dem Bestseller „Der Gotteswahn“ finden sich Scott und das NCSE abschätzig in der von Dawkins so genannten „Neville-Chamberlin-Schule der Evolutionsanhänger“ wieder (S. 96). Der Vergleich macht unmissverständlich und brutal deutlich: Wie seinerzeit Chamberlin Hitler hofiert hat und ihm entgegen gekommen ist, so gilt lt. Dawkins heute:
„Eines der politischen Hauptziele des NCSE besteht darin, ‚vernünftige‘ religiöse Meinungen zu hofieren und zu mobilisieren: Man sucht die Nähe zu Kirchenvertretern und -vertreterinnen, die kein Problem mit der Evolution haben und sie im Zusammenhang mit ihrem Glauben für unbedeutend halten … Dabei kommt man ihnen sehr weit entgegen“. (Dawkins, Gotteswahn, 96)
Um es im Klartext zu formulieren: Eugenie Scott und das NCSE werden als ‚Beschwichtiger‘ gebrandmarkt und religiöse Menschen mit Hitler verglichen. Das Urteil von Alister McGrath lässt an Deutlichkeit nicht zu wünschen übrig:
„Am lächerlichsten ist seine These, dass alle Wissenschaftler, die daran glauben, dass Wissenschaft und Religion tatsächlich gut miteinander auskommen können, … zur sogenannten ‚Neville-Chamberlain-Schule‘ zu zählen sind. Das ist intellektueller Unsinn, abgesehen von der persönlichen Beleidigung, die diese Aussage impliziert.“ (McGrath, Der Atheismuswahn, 57)
Positiv formuliert: Man wird ja seine Meinung ändern und einen Beschwichtiger zum Preisträger erheben dürfen. Der Preis ist jedenfalls hochverdient, und ich gratuliere Eugenie Scott ganz herzlich. Für mich ist es eine Ehre, mit Eugenie 2009 ein Interview über „Evolution vs. Creationism“ geführt zu haben, das ich nicht vorenthalten möchte. Damit ist ein wenig ausgeglichen, dass an dieser Stelle mehr von Richard Dawkins als von Eugenie Scott die Rede war 😉
Heinz-Hermann Peitz
Eugenie Scott on Evolution vs. Creationism
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Richard Dawkins Award in der Presse
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